Tondokumente

BAYERN 2
»Nahaufnahme – 08. März 2013 15:30 Uhr«
»… um drei Uhr morgens hat die SA geklingelt …« Landshuter erinnern an die Judenverfolgung während der NS-Zeit.
Autor: Thomas Muggenthaler – © Bayerischer Rundfunk

»Nahaufnahme – 08. März 2013 15:30 Uhr«


Thomas Muggenthaler – 1989

Landshuter Juden19 Tondokumente

Die Stadt Landshut hat 1989 emigrierte Landshuter Juden eingeladen. Drei sind gekommen. Helmut Teichner, Martin Anson, Ann L. Jakobius. Helmut Teichner, damals 78 Jahre alt, hielt eine Rede im Landshuter Rathaus. Die Einladung der Stadt war ihm wichtig. Das brachte er deutlich zum Ausdruck:

  1. Rede Teichner
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Ich habe für das Studio Regensburg des Bayerischen Rundfunks diesen Besuch begleitet und die Zeitzeugen gebeten, mir ihre Geschichte zu erzählen:

Martin Anson – Er ist damals aus Schottland, aus Glasgow gekommen. In Landshut hieß er Ansbacher. Martin Ansbacher war kein gebürtiger Landshuter. Nach Landshut kam Martin Ansbacher mit seiner Familie erst 1932 aus dem fränkischen Leutershausen. Dort hatte er die Schule ins Ansbach besucht und dort war es richtig schlimm für ihn – wohlgemerkt vor 1932!

  1. Anson:
    In Landshut war es für Martin Ansbacher zunächst wesentlich besser als in Leutershausen und Ansbach. Doch dann kam das Jahr 1933 und Martin
    Ansbacher wird mit anderen Landshuter Juden in Schutzhaft genommen, wie das damals genannt wurde
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  1. Anson: In Landshut
    Die Zeiten wurden immer schlimmer: Es folgte die sogenannte Reichskristallnacht, das Judenpogrom vom 9. November 1938 und das hat Martin Ansbacher in Landshut erlebt. Martin Ansbacher wurde in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 festgenommen und wie sein Vater und andere Juden in das KZ Dachau transportiert.
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  1. Anson: 3.00 Uhr
    Die Juden wurden nicht nur festgenommen und in das Konzentrationslager Dachau verschleppt. Die SA hat auch die Wohnungen verwüstet, erinnerte sich Martin Ansbacher.
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  1. Anson: SA
    Der Name Ansbacher steht für eine der großen Tragödien in der Landshuter Geschichte. Drei Mitglieder der Familie nahmen sich aus Angst vor der Deportation in Landshut das Leben. Den Eltern von Martin Ansbacher gelang die Ausreise.
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  1. Anson Schottland
    Wir kommen zum zweiten dieser Zeitzeugen. Helmut Teichner. Helmut Teichner war bei seinem Besuch in Landshut 78 Jahre alt. Sein Onkel war Adolf Hirsch, und an den ein Stolperstein erinnern soll. Helmut Teichner selbst war Geschäftsmann in landshut.
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  1. Teichner: Cilly Hirsch (,,Uns gehörte…“)
    Adolf Hirsch ist am 22. September 1943 in Theresienstadt gestorben ist. Bei diesem Besuch war es Helmut Teichner wichtig auch an die anderen NS-Opfer aus den Reihen der Jüdischen Gemeinde zu erinnern.
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  1. Teichner: Andere
    Helmut Teichner und sein Bruder Hans waren begeisterte und gute Sportler. Sie waren vor der Machtübernahme durch die NSDAP voll integriert in die Vereine – wurden dann aber nach und nach aus den Vereinen gedrängt ­ weil sie Juden waren.
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  1. Teichner: Turngemeinde
    Wie im ganzen Reich wurden die Juden immer mehr aus den Geschäftsleben gedrängt, die Geschäfte zuletzt arisiert. Helmut Teichner gelang die Auswanderung in die USA. Auch er war 1933 verhaftet worden.
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  1. Teichner: 33
    Helmut Teichner wanderte in die USA aus. Er hatte Glück, noch den Sprung in die Freiheit zu schaffen. Und er schilderte sehr packend von welchen Kleinigkeiten es abhing, ob jemand die Ausreise gelang oder nicht.
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  1. Teichner: Emigration
    Seien Eltern sind nicht mit in die lJSA ausgewandert. Die Mutter von Helmut Teichner starb, der Vater rettete sich in die Schweiz.
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  1. Teichner: Familie
    Die Rückkehr nach Landshut dieser Einladung war eine späte Genugtuung für den Landshuter Helmut Teichner. bei seinem Besuch schwärmte er von der Stadt.
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  1. Teichner: Altstadt
    Es gibt emigrierte Juden die sich geweigert haben wieder deutschen Boden zu betreten. Aus meiner Sicht verständlich. Die Erfahrungen der NS-Zeit waren schmerzhaft. Umso höher zu bewerten, ist der Wille zur Verständigung, auch bei Helmut Teichner.
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  1. Teichner: Kein Hass
    Die Berichte dieser Zeitzeugen sind meines Erachtens auch deshalb so ausdrucksstark weil sie bereits erwachsen waren, als sie emigriert sind. Sie haben den Prozess der Entrechtung und Vertreibung bewusst miterlebt.

    Unsere dritte Zeitzeugin ist Ann L. Jakobius. Sie war bereits verheiratet und hatte eine Tochter, als sie 1938 emigriert ist.
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  1. Jakobius: 1938
    In den 30er Jahren wurden die Juden immer mehr unterdrückt und isoliert. Sie hatten zuletzt kaum mehr mit Christen Kontakt und gaben das Geschäft auf.
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  1. Jakobius: Landshut
    Frau Jakobius selbst hatte Glück. Sie, ihr Mann und ihre Tochter konnten ins Ausland flüchten. Die Eltern von Frau Jakobius haben den NS-Terror aber nicht überlebt. Es ist eine traurige Geschichte, die sie mir da erzählt hat.
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  1. Jakobius: Schiff
    Auf der St. Louis, wenn Sie sich in Regensburg etwas auskennen, war auch Simon Oberdorfer, der Erbauer des Velodroms, das einst abgerissen werden hätte sollen, das dann unter Denkmalschutz gestellt wurde und in dem heute das Stadtteater spielt. Simon Oberdorfer starb in den KZs der Nazis, wie auch die Mutter von Frau Jakobius. Ihren Schwiegereltern gelang übrigens die Ausreise nach Brasilien.
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  1. Jakobius. Brasilien
    Auch Frau Jakobius war damals sehr zufrieden mit dem Besuch in Landshut. Sie hatte allerdings vorher etwas Bammel, wenn man das so sagen kann.
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19. Jakobius: Rückkehr

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