Im Vorfeld der ersten Stolpersteinverlegung in Landshut erschien es dem Verein „Stolpersteine
für Landshut – gegen das Vergessen e.V.“ geboten, die Landshuter Bürgerschaft mit
dem Kunstprojekt vertraut zu machen. Deswegen hat der Verein den Künstler am Vorabend
der Verlegung zu einem Vortrag in den Salzstadel eingeladen. Gunter Demnig, der Schöpfer
der Stolpersteine, hatte bis September 2012 rund 37.000 Steine in Deutschland und im
europäischen Ausland verlegt. Es ist ein Kunstprojekt, das die Erinnerung an die 1933 bis
1945 erfolgte Verteibung und Vernichtung der Juden, der Sinti und Roma, der politisch und
religiös Verfolgten, der Homosexuellen, der Zeugen Jehovas und der Euthanasieopfer im
Nationalsozialismus lebendig erhält.
Stolpersteine sind 10 cm x 10 cm x 10 cm große Betonquader, auf deren Oberseite eine
Messingplatte verankert ist. Auf den Messingplatten werden die Namen und Daten von
Menschen eingeschlagen, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und
ermordet wurden. Auf dem Stolperstein bekommt das Opfer seinen Namen wieder, jedes
Opfer erhält einen eigenen Stein – seine Identität und sein Schicksal sind, soweit bekannt,
ablesbar. Durch den Gedenkstein vor seinem Haus wird die Erinnerung an diesen Menschen
in unseren Alltag geholt.
Dieses einzigartige Kunstdenkmal ist natürlich auch von Kritik begleitet. Prominenteste
Kritikerin ist Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde
München, die in Absprache mit dem damaligen OB der Stadt München, Christian Ude,
durchgesetzt hat, dass in München auf Stadtgrund keine Stolpersteine verlegt werden
dürfen. Frau Knobloch steht mit ihrer Kritik im Zentralrat der Juden völlig isoliert. Gunter
Demnig hat sich bei verschiedenen jüdischen Gemeinden dahingehend abgesichert, dass
diese Steine vom Talmud aus kein Problem seien. Die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem
hat die Arbeit des Künstlers als „wonderful project“ bezeichnet. Auch der zweite Kritikpunkt,
der Künstler verdiene sich eine goldene Nase mit den Steinen, führt schlichtweg ins
Leere und soll hier nicht weiter dargestellt werden.
Die Stolpersteine sind plötzlich vor der eigenen Haustür, dort wo das Grauen begann und
nicht irgendwo weit weg. Vor allem für die Jugendlichen ist dies der bessere Geschichtsunterricht.
Sie fühlen sich nicht schuldig, aber sie übernehmen Verantwortung und wollen
wissen, wie so etwas passieren konnte. Sie stellen ganz offen Fragen, weil sie betroffen sind.
Und diesen Prozess setzen die Stolpersteine in Bewegung. Über einen Stolperstein
„stolpert“ man mit den Augen und kommt zum Nachdenken. Diese Steine arbeiten gegen
das Vergessen. Dies ist auch die Intention des Künstlers Gunter Demnig, der sagt:
„Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn sein Name vergessen ist.“